Fragen und Antworten zum Thema Training und Renntaktik im Extremradsport
Tipps und Tricks von Christoph Strasser
Hast du Tipps, wie ich das Rennen (Race Around Austria Challenge, 560 Kilometer nonstop) anlegen soll? Eher langsam beginnen und mit den Kräften haushalten oder wie würdest du es empfehlen?
Tempo: Wenn du mit Watt fährst und trainierst, kannst du das perfekt dosieren und kennst deinen Körper ja vom Training. Normalerweise sind 60-65% der FTP ein guter Anhaltspunkt, das kannst du (gute Ernährung vorausgesetzt) sehr lange fahren. Bei mir ist das z.B. so, dass ich mit FTP zwischen 390-410W bei der Challenge 2018 NP von 280W gefahren bin, das sind 70%. Allerdings habe ich das riskiert, weil ich wusste, dass ich das auf 16h wahrscheinlich halten kann, und es hat funktioniert. Bei 24h Rennen peile ich ebenso 70% zu Beginn an, falle dann aber auf 60% runter und komme mit ca. 65%-Durchschnitt ins Ziel. Wenn du muskulär schneller ermüdest, würde ich das natürlich etwas defensiver ansetzen.
Zu langsam beginnen macht auch wenig Sinn, das holst du dann nicht mehr auf, denn am zweiten Tag kannst du alleine aufgrund der mentalen Müdigkeit nicht mehr zulegen. Also ist das Motto: So schnell wie möglich ohne dich dabei kaputt zu machen, aber nur so langsam als nötig, beginnen. Bergauf nicht andrücken, sondern gleichmäßig fahren, und in der Ebene das Tempo hochhalten!
Wie legst du Rennen wie z.B.: das RAA in den ersten Stunden an?
Schaust du, dass du in einem bestimmten Watt-Bereich unterwegs bist, der sich aus dem FTP errechnet, hast du andere Indikatoren an die du dich hältst, oder hast du das inzwischen schon so im Gefühl, dass du eigentlich blind fahren könntest und das optimale Tempo für dich treffen würdest ?
Ist das auch auf Hobbysportler umlegbar, oder macht so eine mathematische Herangehensweise erst Sinn, wenn man mehrere tausend Trainingskilometer in den Beinen hat?
Schaust du, dass du in einem bestimmten Watt-Bereich unterwegs bist, der sich aus dem FTP errechnet, hast du andere Indikatoren an die du dich hältst, oder hast du das inzwischen schon so im Gefühl, dass du eigentlich blind fahren könntest und das optimale Tempo für dich treffen würdest ?
Ist das auch auf Hobbysportler umlegbar, oder macht so eine mathematische Herangehensweise erst Sinn, wenn man mehrere tausend Trainingskilometer in den Beinen hat?
Ich schaue eigentlich nicht auf den Puls. Der läuft mit, aber ist nur ein Alarm-Signal, falls er zu sehr hochschießt, weiß ich, dass etwas nicht stimmt. Aber es ist noch nie vorgekommen, dass nicht vorher sowieso mein Gefühl signalisiert, dass etwas nicht passt. Nur in der Hitze des RAAM an Tag 1 habe ich ein Puls-Limit, das ich nicht überschreite. Daher kommt es, dass ich oft mit komplett frustrierend niedriger Leistung fahren muss, weil die Hitze den Puls bei leichtem Treten schon auf 160+ treibt (mein max. Puls ist bei 175).
Ansonsten fahre ich rein nach Watt und Feeling. Für Hobbyfahrer macht das nicht immer Sinn - nur dann, wenn man weiß, dass die theoretischen Werte auch in der Praxis stimmen. Die FTP lässt dich deine Zonen errechnen, aber sie sagt dir nicht, wie lange du z.B. bei 70% FTP fahren kannst. Ob 3h, 5h, 7h, oder 1 Tag - das musst du testen und spüren.
Meine persönliche Faustregel: Ich versuche so konstant und gleichmäßig wie möglich zu treten und keine Spitzen zu haben. Konkret heißt das, bei steilen Anstiegen gemäßigt, dafür aber mit Druck in der Ebene zu fahren.
24 Stunden fahre ich mit etwa 65% bis 70% der FTP Schwelle.
Ich möchte mir einen Rollentrainer für den Winter kaufen. Kannst du mir da etwas empfehlen? Ich hab keinerlei Erfahrung damit und weiß nicht, ob ich einen mit Direktantrieb oder einen mit Rolle nehmen soll?
Prinzipiell geht es mir darum, das Trainingslevel über den Winter zu halten und Grundlagentraining zu machen.
Prinzipiell geht es mir darum, das Trainingslevel über den Winter zu halten und Grundlagentraining zu machen.
Konkrete Tipps sind gar nicht so einfach, es kommt darauf an, ob man eher bei den Basics bleiben will oder einen modernen Smart-Trainer haben möchte. Diese werden momentan ja sehr nachgefragt, man kann sich überall auf den diversen online Plattformen, wie z.B. Zwift anmelden. Da kostet der Trainer ca. 500 bis 1200 Euro, braucht Strom, Internet, Bluetooth usw. und das Zwift-Abo kommt noch dazu. Gesteuert wird dann über das Smartphone oder die Apps von den Trainingsplattformen.
Vielen macht das Online-Trainieren Spaß und gibt zusätzliche Motivation, und das ist immer gut!
Ich bin lieber klassisch unterwegs, ich habe einen mechanischen Tacx Booster, der ist kostengünstiger und hält im Prinzip ewig. Ich fahre damit jeden Winter 300-400 Stunden und er funktioniert nach gut 10 Jahren noch immer einwandfrei. Beim Training höre ich Podcasts, schaue Youtube-Videos, arbeite am Computer oder lese ein Buch.
Mittlerweile habe ich zwar auch einen smarten Trainer, aber verwende ihn nur im offline Modus, das mag ich lieber.
Aber egal ob klassische Rolle oder moderner Smart Trainer: Ein bewegliches Board darunter ist wirklich cool und erhöht den Komfort und reduziert den Druck im Sattelbereich. Ich finde das Boom Board von Leeze echt gut. Davon gibt es auch eine simple Version, die nur aus schalldämpfenden Schaum-Kunststoff besteht, plus einiges an Zubehör.
Tipps für Smarttrainer: der Tacx Neo ist wirklich gut und hat alles, was man sich vorstellen kann. Alternativ kann man aber auch einen günstigen Rollentrainer nehmen und das gesparte Geld in eine gute Wattmessung investieren. Leistungsmessung bringt wirklich viel, diese kann man auch am Rad draußen verwenden, und Spaß und Motivation bringt es zudem auch.
Braucht es wirklich ein Boom Board, oder ist das nur unnütz und wird im Marketing überbewertet?
Ich habe viele Jahre auf einer alten mechanischen Rolle trainiert und bin erst diesen Winter auf einen Smart-Trainer umgestiegen. Passend dazu habe ich dann auch meine ersten Einheiten mit dem Boom Board absolviert. Anfangs war das für mich etwas ungewohnt, es hat sich ein bisschen wackelig und instabil angefühlt. Doch nach ein paar Trainings habe ich den Komfort zu schätzen gelernt.
Einerseits bewegt sich das Bike realistisch, wie es das auch beim Fahren auf der Straße tut. Im Wiegetritt, bei kurzen Antritten oder beim Wechseln vom Oberlenker-Griff auf den Aufleger entstehen Seitwärts-Bewegungen. Damit wird auch der Druck im Sitzbereich verringert, denn das ist eines der unangenehmen Dinge beim Indoor Training: Man neigt dazu, vor allem wenn man länger fährt oder daneben noch ein Handy oder Tablet bedient, dass man irgendwann schlampig sitzt und nur mehr irgendwie am Bike "oben hängt". Wenn ich beginne, den Sattel als unangenehm zu empfinden, fange ich immer an, links und rechts am Sattel hin und her zu rutschen, und "reite" sozusagen auf der Sattelspitze. Das ist anatomisch natürlich überhaupt nicht optimal. Jetzt, am Board, passiert mir das nicht mehr, weil das schlampige sitzen nicht mehr klappt, aber auch nicht nötig ist, denn der Druck wird von vornherein verringert.
Andererseits kann nach einem langen indoor-Winter das Gefühl fürs Bike etwas verloren gehen, und wenn dann die ersten Ausfahrten auf der realen Straße unternommen werden, kommt es zu "Aha-Erlebnissen", weil sich das vorher starr eingespannte Rad plötzlich wieder natürlich bewegt. Jetzt empfinde ich das als anders, weil die natürlichen Bewegungen am Boomboard erhalten bleiben, und der Unterschied zum draußen Fahren eigentlich nicht mehr spürbar ist.
Das ganze kann durch unterschiedliche Federhärten und Positionierungen der Federn individuell eingestellt werden. Mir persönlich taugt die harte Einstellung am besten. Die weiche ist für mich dann schon zu beweglich. Das liegt aber sicher auch daran, dass ich um die 79kg habe. Für leichtere FahrerInnen wird möglicherweise die weichere Einstellung besser passen.
Mir gefällt das Training mit dem Board wirklich, aber trotzdem freue ich mich auf den Sommer. Denn auch wenn man sich seine indoor-Paincave so komfortabel wie möglich einrichtet: der Fahrwind auf der Haut, die Sonne im Gesicht, und das Gefühl der Unbeschwertheit "on the road" sind natürlich nicht zu ersetzen!
Ich bin bereits über 50 Jahre und möchte mein Training so gut wie möglich gestalten. Soll es weniger intensiv sein? Inwiefern trainert ein 50+ anders, als ein Jungspund?
Wie verhält sich die Herzfrequenz beim Älter werden? Ist es bei 50+ irgendwie negativ oder ungesund, wenn man im roten Bereich (also nahe der HFmax) trainiert? Oder ist das sogar noch wichtiger, um die HFmax einigermaßen hoch zu erhalten?
Das Training ab 50 oder auch deutlich älter unterliegt den selben Regularien wie auch das Training bei jüngeren Athleten. Das Einzige, dass sich ändert, sind die Regenerationszeiten, das heißt die Anpassungsprozesse laufen ein wenig langsamer ab. Man muss bei den intensiven Einheiten aufpassen, dass diese nicht zu knapp aufeinander folgen und genügend Zeit zum Erholen gegeben ist. Der Körper braucht genügend Zeit, um die Reize zu verarbeiten.
Ansonsten gibt es prinzipiell keine Einschränkungen. Es wäre sogar ein Fehler, keine höheren Intensitäten mehr zu trainieren, da man Potenzial verschenkt, die eigene Leistungsfähigkeit noch einmal deutlich zu heben. Man muss auch keine Angst haben, wenn man bei intensiven Einheiten eine höhere Herzfrequenz erreicht oder im „roten“ Bereich trainiert, solange man gesund ist, ist das kein Problem. Wichtig ist, sich regelmäßig einer sportmedizinischen Untersuchung (Belastungs-EKG) zu unterziehen, um die Belastbarkeit des Herzens zu untersuchen.
Viele ältere Sportler:innen trainieren oftmals zwar sehr viel, aber immer in recht ähnlichen Intensitätsbereichen, würden aber davon profitieren, auch höhere Intensitäten in den Trainingsplan einzubauen. Aufgrund der fehlenden höheren Intensitäten sinkt die VLAmax. zwangsweise, und das aus mehreren Gründen:
- Zum einen, weil die schnellen Muskelfasern im Laufe des Alters weniger werden und eher in Richtung rote Fasern übergehen.
- Zum anderen, weil bei viel Training über Jahre man den guten Effekt hat, dass die VLAmax. nach unten geht, aber wenn man auf die Intensitäten vergisst, hat man lediglich die Umfänge als VO2max-Reiz und vergisst vollkommen auf die VO2max Entwicklung über das Intensitätspotenzial.
Es macht keinen Unterschied, ob ich 30, 40 oder 50 bin, ich kann dieses System immer ausreizen, das System ist lediglich nicht mehr so groß wie vor 20 Jahren, aber es ist noch immer da. Wenn ich es im Training außen vorlasse, wird es nur nicht besser.
Zu der maximalen Herzfrequenz gibt es keine pauschalierte Aussage bzgl. der Werte, da es ein sehr individueller Wert ist. Die maximale Herzfrequenz kann im Alter sehr hoch sein, bei manchen sogar zB. bis zu 200, andere kommen nur auf 170. Das hat für die Leistung gar nichts zu sagen. Hier ist es empfehlenswert, mit dem Trainer das Training dahingehend anzupassen, um optimal trainieren zu können.
(Expertise von Coach Markus Kinzlbauer, www.mk-training.org)
Ich trete auf dem rechten Bein weniger und am linken Bein mehr (55% zu 45%), trainiere aber gleich wie immer, und diese Disbalance hatte ich bisher noch nicht.
Bedeutet das jetzt, dass ich 10% Leistungseinbußen habe? Ich weiss nicht, was ich machen soll?!
Bedeutet das jetzt, dass ich 10% Leistungseinbußen habe? Ich weiss nicht, was ich machen soll?!
Das ist in diesem Ausmaß nicht wirklich schlimm, bis zu einem gewissen Grad ist jeder Mensch etwas einseitig. Auch bei mir ist die links-rechts Verteilung nicht bei exakt 50%.
Das ganze hat mit 10% Leistungseinbuße absolut nichts zu tun. Deine Leistung wird durch den Stoffwechsel erzeugt: Die Fähigkeit deines Organismus Sauerstoff aufzunehmen, über den Herz-Lungen-Kreislauf in die Muskulatur zu transportieren um dort Fette und Kohlehydrate zu verbrennen ist der limitierende Faktor. Umso besser dein Körper diesbezüglich trainiert ist und umso ökonomischer er arbeitet, umso mehr Leistung kannst du bringen.
Das schwächere Bein wird hier vom stärkeren kompensiert, das gilt zumindest für Ausdauersport, da hier die Maximalkraft (außer in einem Sprint) nicht der limitierende Faktor ist. Würdest du Gewichtheber sein, oder Kniebeugen auf Maximalkraft traineren, wäre das natürlich anders.
Trainingstipp: Es ist auch für 50-50% Radsportler sinnvoll im Training ILT Intervalle einzubauen (isolated leg training). Das machst du so, indem du (idealerweise am Indoor Trainer) mit einem Bein ausklickst und das auf einem Stuhl abstellst, und nur mit einem Bein für je 20-30sec im mittelintensiven Bereich tritts. Das schult auch den runden Tritt. Danach für 30 Sekunden mit beiden Beinen locker treten, und dann das andere Bein ausklicken. Mache pro Bein in Summe 5 Minuten in einer Einheit, und wiederhole das bis zu 2x pro Woche.
Zu 90% haben Rechtshänder mehr Kraft im linken Bein. In der Schule haben wir das schon beim Sprint gelernt, da war meistens der linke Fuß vorne beim tiefen Start aus der Hocke oder auch das Sprungbein beim Weitspringen. Ich war übrigens der schlechteste Läufer den es gab, aber das hab ich mir gemerkt ;-)
Ich werde die Race Around Austria Challenge fahren, und überlege mir, welches Tempo ich anpeilen soll. Hast du einen Tipp für mich, welche Leistung über ungefähr 20 Stunden möglich ist?
Wenn du mit Wattmessung fährst und trainierst, kannst du das perfekt dosieren und kennst deinen Körper ja vom Training. Normalerweise sind 60-65% der FTP ein guter Anhaltspunkt, das kannst du (gute Ernährung und hohe Kohlenhydrataufnahme vorausgesetzt) sehr lange fahren. Bei mir persönlich ist das beispielsweise so, dass ich mit meiner FTP zwischen 390-410 Watt bei der RAA Challenge 2018 eine Normalized Power von NP 280W gefahren bin, das sind 70% der FTP. Allerdings habe ich das absichtlich riskiert, weil ich wusste, dass ich das auf 16 Stunden wahrscheinlich halten kann, und es ist dann aufgegangen.
Bei 24h Rennen peile ich ebenso 70% zu Beginn an, falle dann aber in den letzten Stunden Richtung 60% hinunter und komme mit ca. 65% Durchschnitt ins Ziel. Wenn du muskulär schneller ermüdest, würde ich das natürlich etwas defensiver ansetzen. Es ist immer besser, am Ende noch etwas Kraft für ein schnelles Finish übrig zu haben, als total am Sand zu sein. Aber wenn du das öfters machst, lernst du dein Potential kennen und kannst dich herantasten. Entscheidend ist aber immer, große Nahrungsdefizite zu vermeiden, und mindestens 90 Gramm Kohlenhydrate in der Stunde zu dir zu nehmen. Besonders gut klappt das mit der Kombi Ensure Flüssignahrung und Peeroton Hi-End-Endurance.
Zu langsam beginnen macht auch wenig Sinn, das holst du dann nicht mehr auf, denn am zweiten Tag kannst du alleine aufgrund der mentalen Müdigkeit nicht mehr zusetzen. Also ist das Motto: So schnell wie möglich ohne dich dabei kaputt zu machen, aber nur so langsam als nötig beginnen. Bergauf nicht andrücken, sondern gleichmäßig fahren, und in der Ebene das Tempo hoch halten!
Mir schlafen oft die Finger ein, wenn ich länger unterwegs bin. Ist das normal, kann man es vermeiden, und was machst du dagegen?
Das kann viele Ursachen haben, die meisten Physiotherapeuten werden zurecht auf die Sitzposition und die Überstreckung der Halswirbelsäule hinweisen. Greifst du zu weit vorne, können Nerven, die an der Halswirbelsäule vom Rückenmark in die Arme und Hände verlaufen, beeinträchtigt werden. Sollte das nicht der Grund sein, und die Sitzposition passen, kann es trotzdem sehr oft passieren. Der Grund: Der lokale Druck in den Unterarmen (durch den Aero-Aufleger) und Handflächen (durch Erschütterungen). Was kann man tun?
1. Die Position der Aufleger-Pads kann eine Ursache sein. Ich hatte das selber einmal, nämlich beim RAAM 2012. Da waren die Pads zu weit vorne, und ich bin mit dem Unterarm mittig aufgelegen (siehe Foto). Dort sind die Nerven schlecht geschützt und bekommen viel Druck ab. Ergebnis waren wochenlanges Kribbeln, gestörtes Empfinden und eingeschränkte Beweglichkeit in den Fingern – eine mittlere Katastrophe: Ich konnte das Besteck beim Essen nicht festhalten, mir keine Schuhbänder binden und die Hose nicht zuknöpfen (Danke Sabine :-*). Es wurde danach aber wieder vollständig gut, also keine Angst!
Seither ist der Aufleger-Pad immer weit hinten, in der Region des Ellenbogens, denn dort verlaufen die Nerven gut geschützt und bekommen keinen Druck ab (siehe Foto).
2. Lenkerband mit Gel Pads, oder 2 Schichten Lenkerband übereinander. Der Lenker soll so weich und komfortabel wie möglich sein (das ist irgendwie eh logisch).
3. Gute Handschuhe mit Gel Pads (das ist irgendwie auch logisch).
4. Sollte es trotzdem passieren, hilft der Weg zum Arzt. Vermutlich werden Vitamin B Präparate verschrieben.
5. Zur Behandlung habe ich auch gute Erfahrungen mit Akupunktur, Finger-Gymnastik, Kräftigungs-Übungen und Strom-Therapie gemacht.
6. Präventiv hilft auch noch, dass man die Muskulatur in Fingern und Unterarmen trainiert, denn wenn das „einschlafen“ der Finger öfters passiert, atrophieren die Muskeln in der Hand. Die Handballen werden dünner, die Finger schlanker – das ganze hat zur Folge, dass die Nerven dann noch leichter durch Erschütterungen irritiert werden, weil die Muskulatur die Nervenbahnen wie ein „Schutzpanzer“ umhüllt. Liegen die Nerven ungeschützt unter der Haut, schlafen die Hände und Finger noch öfter ein und die Negativspirale dreht sich schneller.
7. Ziel muss sein: Gut sitzen, Pads richtig positionieren, komfortablen Lenker benutzen, und richtige „Tatzen“ wie ein Holzfäller oder Maurer haben!
Wie wichtig ist die körperliche Fitness beim RAAM? Ich bin mental sehr stark, habe einen starken Willen und weiß, dass ich mein angepeiltes Ziel im Rennen schaffen kann. Nicht in einer schnellen Zeit. In der vorgegebenen Zeit aber definitiv. Aufgeben ist keine Option.
Das klingt gut, ich möchte aber davor warnen, dass es die kursierende Meinung gibt, dass der Kopf wichtiger sei als der Körper. Fitness ist definitiv die Basis, wenn jemand sagt, dass er mental stark genug ist, und damit Grenzen verschieben kann, dann ist das meist ein Mentaltrainer, der seine Seminare verkaufen will, aber kein erfahrener Radsportler. Ich dachte früher auch ähnlich, aber im Lauf der Jahre merkte ich, dass umso fitter ich wurde, umso leichter wurde es auch im Kopf. Der Grundsatz lautet: Der Kopf sagt dir, warum du fährst, und ob du weitermachst, aber der Körper sagt dir, wie schnell du fährst.
Macht es Sinn, sich fünf Jahre auf das RAAM vorzubereiten? Kann man es wirklich schaffen, durch hoffentlich lokale Radiosender und Fundraising das Geld zusammenzubringen?
Sponsoren? Das ist auch für mich immer schwierig, in Wirklichkeit verdiene ich mit meinen Vorträgen mehr, als ich durch Sponsoren bekomme, das habe ich mir alles selbst nach den Erfolgen aufgebaut, und für das erste RAAM machte ich ein fettes Minus auf der Bank. Sponsoren kommen fast immer erst nach den Erfolgen, nicht vorher. Das ist wie eine Firmengründung, zuerst investierst du viel Geld, schuftest rund um die Uhr, und erst später kommen die Gewinne raus.
Ich würde für das RAAM in fünf Jahren ab nächstes Jahr zwei Mal täglich trainieren. Im Moment sitze ich täglich abends auf dem Rad. Am Wochenende fahren wir immer um die insgesamt 200 km. Ich werde im Jahr zuvor Paris-Brest-Paris und das Race across Germany (ist ja die Qualifikation für das RAAM) fahren. Reicht das in der Vorbereitung?
Fünf Jahre klingen realistisch, mit einigen kleinen Rennen darin - um zu sehen, wo du stehst. Das RAAM ist ein Rennen, daher brauchts auch Rennen im Vorfeld. Das RAAM ist kein Selbstfindungstrip, und daher sind lange Touren zwar eine Fitnessprüfung, aber keine gute Vorbereitung für ein Rennen. Brevets klingen ziemlich passend.
Wenn diese Events gut gehen, kann das reichen. Aber: Die Qualifikation ist ein laues Lüftchen im Vergleich zum RAAM. Die RAAM Qualifikation wurde immer „leichter“, damit mehr Teilnehmer kommen. In Wirklichkeit ist nicht das die Hürde, sondern die wahre Hürde ist das Finanzielle und das Team. Wenn man beim RAAM realistische Finisher-Chancen hat, muss ein Race Across Germany "locker" und sehr souverän gehen. Anders das Race Around Austria, das ist ob seiner Höhenmeter und der strengen Karenzzeit wohl die schwerste RAAM-Qualifikation, und wer das schafft, kommt auch mit den Gegebenheiten der Strecke in den USA zurecht.
Ich will keine Zweifel streuen oder Skepsis, aber man muss an ein Rennen wie das RAAM realistisch herangehen. Allzu oft entstehen falsche Erwartungen durch Mottos wie: Man kann alles schaffen, wenn man nur will. Das RAAM ist auch in der Vorbereitung ein harter Weg, und ich glaube es ist besser, da realistische Erwartungen zu haben, als übermotiviert und das ganze unterschätzend ans Werk zu gehen. Man kann es natürlich schaffen, aber es ist ein langer Weg bis dahin. Du brauchst aber auch ein Top-Team, und das muss über Jahre wachsen!
Körperlich zu mir: Ich habe anfangs schon viele 24h Rennen absolviert , habe im Jahr zwischen 35.000 bis 40.000 Kilometer trainiert, und 4 Jahre später startete ich das RAAM, wobei ich von Anfang an Ambitionen hatte. So viel Training ist aus wissenschaftlicher Trainingslehre nicht nötig, aber man lernt dabei seinen Körper kennen. Ich würde dir schon hohe Umfänge, und zwischendurch immer auch ganz harte Intervalle empfehlen, damit du schneller wirst.
Und zu guter Letzt noch ein paar Buchtipps:
- Alexander Gepp: Vom Traum zum Ziel - sehr strukturiert, im Detail, Vorbereitungen, Planungen, fast wie ein Rezeptbuch mit gutem Rennbericht über das RAAM
- Randonnée von David Misch, ein sehr ehrlicher Einblick in das RAAM, ein fesselnder Bericht vom Weg dahin, vom Rennen, von Hochs und Tiefs.
- Michael Nehls: Herausforderung Race Across America (deutscher Doktor, der mit viel Pausen und einer unüblichen Strategie 2008 recht solide finishte. Gute Taktik für Rookies um in der Karenzzeit zu bleiben.
- Meine Biographie (Christoph Strasser: Der Weg ist weiter als das Ziel) gibt gute Einblicke in das Renngeschehen, Seelenleben und die Vorbereitung, diskutiert aber auch Probleme schonungslos. ( mehr auf Englisch erhältlich)
- Guido Löhr: 9 Tage 22 Stunden 40 Minuten (Bericht über Guidos RAAM 2017)
Bis auf Nehls und Löhr gibt es alle Bücher auf meiner Website zum Bestellen.
TIPPS FÜR SITZFLEISCH PODCAST FOLGEN:
Episode #157 - Rad- und Kettenpflege im Winter: Technik, Antrieb, und Wartung vom Fahrrad – vor allem im Winter, wo alles nass, dreckig, oder salzig ist. Weil wir alle gerne Freude am Radfahren haben, ohne den liebsten Trainingspartner auf zwei Rädern dabei zu versauen, sprechen wir heute mit Material-Experten Marcus Baranski. Es gibt auch nützliche Tipps für die Langstrecken!
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Episode #154 - Ultracycling Training mit Coach Max Kinzlbauer: Die Frage klingt so simpel, aber die Beantwortung ist so komplex: Wie soll ich für Ultradistanzen trainieren? Christoph Strasser und Flo Kraschitzer unterhalten sich mit Max Kinzlbauer über die wichtigsten Aspekte des Trainings. Die Frage wird aber gleich umformuliert: In welchem Zustand sollte man sich befinden, um für lange Strecken auf dem Rad gerüstet zu sein?
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Episode #80 - Gespräch mit Dr. Mag. Rainer Hochgatterer: Wie (un)gesund ist Ultra Radsport? Vermeidung körperlicher Probleme bei Langstrecken Radrennen und Tipps und Tricks (Training, Vorbereitung, Ernährung) für Einsteiger und "Aufsteiger" und alle, die schnell und weit Rad fahren wollen.
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Episode #78 - Training, Ausrüstung und Ernährung für Ultras: Checklist für das Betreuerauto, Zusatzscheinwerfer und Kommunikation über Funk und Lautsprecher, Coach Max Kinzlbauer über Training für 50+, Basics für die Ernährung in Training und Wettkampf
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S6E1 – Faszination 24 Stunden Rennen, mit 10 Tipps zu Ernährung, Strategie und Herangehensweise
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